
Oh, du Fröhliche! | SZ-ONLINE
Von Nadja Laske
Sommerhitze und Ferienstimmung halten die Sängerin Lidia Valenta nicht davon ab, Weihnachtslieder zu proben – für eine große Überraschung.
Im Jazzclub Tonne können Lidia Valenta und ihre Musikerkollegen der Jahreszeit ein Schnippchen schlagen.
Foto: Gunnar Baumann
Viele Treppenstufen ist Lidia Valenta in die Tiefe gestiegen, um den Sommer hinter sich zu lassen. Oben die unvergessene Hitze der vergangenen Wochen, unten die ewige Kühle des Kellers. Im Gewölbe des Jazzclub Tonne haben Lidia Valenta und ihre Musiker Instrumente und Tontechnik aufgebaut. Während die Dresdner noch nicht mal ganz an den Herbst glauben, ist das gut eingespielte Quartett auf Winter eingestellt.
Sonnenstrahlen fallen durch einen Lichtschacht und kreuzen den Schein der Kerzen. Vor ihrem Mikrofon hat Lidia einen Leuchter postiert. Er sorgt für unzeitgemäße Heimeligkeit. Aber es dauert nicht lange, und die Atmosphäre fühlt sich völlig glaubhaft an. So stimmt die Sängerin in das Spiel ihrer Kollegen ein: Stille Nacht, Heilige Nacht.
Im Advent wird die Sächsische Zeitung ihre Leser mit einer Weihnachts-CD überraschen. Sie soll als Geschenk der Printausgabe beiliegen. Dafür studiert Lidia Valenta insgesamt 16 Titel ein. Nicht alle finden sich im Album wieder, sondern nur diejenigen, die den SZ-Lesern am liebsten sind. In einem Voting können sie schon bald darüber abstimmen, welche zehn Lieder sie durch die Weihnachtszeit begleiten sollen.
„Ich hatte immer den Wunsch, einmal deutsche Weihnachtslieder zu singen, aber ich traute mich nicht recht“, sagt Lidia Valenta. Im weißrussischen Brest geboren, wuchs sie in Prag auf. Dort arbeitet ihr Vater als Diplomat. Die Liebe zur Kunst hat Lidia eher von ihrer Mutter, sie sang selbst, dirigierte und spielte mehrere Instrumente. „Sie hat mich aber nicht gedrängt, ebenfalls in die künstlerische Richtung zu gehen“, erinnert sich Lidia. So bekam sie als Kind zwar Klavier- und Gesangsunterricht, studierte aber zunächst englische Philologie. „Als Mädchen bin ich häufig eingesprungen, wenn in Kinderopern, die meine Mutter musikalisch leitete, eine Sängerin ausgefallen ist“, erzählt sie. Auch an Gesangswettbewerben nahm sie teil und erinnert sich lachend daran, wie sie als Sechsjährige den ersten Preis und damit eine Packung Filzstifte gewann: „24 Stück in den herrlichsten Farben – ich war selig!“
Selbst Opernsängerin zu werden, war jedoch nie erklärtes Ziel. Stattdessen begann Lidia Valenta englische Songs zu schreiben und sich zunehmend für Jazz, Pop und Blues zu interessieren. Während ihres Studiums in Kaliningrad kam Lidia auch mit der deutschen Sprache und Kultur in Berührung. „Ich wollte irgendwann einmal in Prag, Wien oder Dresden studieren. Diese Städte faszinierten mich kulturell.“ Erst aber absolvierte sie ihre Gesangsausbildung am Moskauer Musiktheater und gehörte dort auch zum Ensemble. Endlich ergab sich die Möglichkeit zu einer Weiterbildung in Dresden. „Eigentlich wollte ich danach zurück nach Moskau.“ Doch Lidia Valenta fand die ganz große Liebe. Sie besteht aus ihrem Mann, der gemeinsamen Tochter Lara, einer fröhlichen Familie, aus guten Freunden und dem Glück, eine neue Heimat gefunden zu haben. Gerade sie kann sich Lidia nun noch ein wenig mehr erschließen – dank der Weihnachtslieder, die sie in diesen Wochen zusammen mit dem Pianisten Jochen Aldinger, dem Schlagzeuger Tim Hahn und dem Bassisten Clemens Voyé arrangiert und einstudiert.
„Lange hatte ich zu viel Respekt davor, in deutscher Sprache zu singen“, erzählt sie. Doch nachdem sich Lidia Valenta an Marlene Dietrichs Lied „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ gewagt hatte, schöpfte sie Mut. „Ich musste mir für den Gesang auf Deutsch eine ganz neue Gesangstechnik erarbeiten und an einer sehr sauberen Aussprache feilen.“ Parallel zur musikalischen Arbeit befasste sich Lidia intensiv mit der Geschichte des deutschen Weihnachtsliedes und seinen verschiedenen Facetten.
Bei aller Begeisterung für die Tradition werden Lidia Valenta und ihre Musiker den 16 Liedern auch eine eigene Note geben. „Jeder von uns hat vier Lieder arrangiert, dabei sind spannende Interpretationen herausgekommen“, verrät sie. Derart vertieft in die vorgezogene Weihnachtszeit, hatte sie gar kein Problem damit, die nötige Heimeligkeit zu fühlen. Nachgeholfen hat sie allerdings auch: „Mein kleines Tonstudio bei uns zu Hause, in dem wir viel arbeiten, ist komplett weihnachtlich geschmückt – so richtig mit Christbaum, Nussknacker und Räuchermännchen.“